Schadensersatzanspruch des Mieters?
veröffentlicht am: 20.08.2025
Ein immaterieller Schaden des Mieters wegen eines Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung aufgrund von Fotos der Wohnung, die ohne Einwilligung des Mieters aufgenommen und im Internet veröffentlicht wurden, liegt nach einem Urteil des LG Stuttgart erst dann vor, wenn über den Verstoß hinaus ein tatsächlicher, wenn auch nur kurzzeitiger Kontrollverlust des Mieters über seine personenbezogenen Daten eingetreten ist.
Fotografien der Wohnung darf der Vermieter ohne Zustimmung des Mieters nur anfertigen, wenn dies zur Beseitigung von Schäden oder zur Beweissicherung erforderlich ist (Schmidt-Futterer § 535 Rn 186). Im Übrigen ist der Vermieter ohne Erlaubnis des Mieters nicht berechtigt, in der Wohnung zu fotografieren, um deren Zustand festzuhalten (so z.B. AG Düsseldorf, Urteil v. 24.06.1998, 25 C 4068/98, NZM 1998, S. 912).
Der Vermieter hat auch keinen Anspruch darauf, nach der Kündigung des Mietvertrags die noch bewohnte Wohnung zum Zwecke des Anfertigens von Fotos zu betreten und zu besichtigen. Das Anfertigen von Lichtbildern der noch bewohnten Mieträume, die der Vermieter bzw. Makler dann einer unbestimmten Vielzahl unbekannter Dritter zugänglich machen will, stellt einen erheblichen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Privatsphäre des Mieters dar, den dieser nicht hinnehmen muss (LG Frankenthal, Urteil v. 30.09.2009, 2 S 218/09, WuM 2012, S 141).
In dem vom LG Stuttgart entschiedenen Fall beabsichtigte die Vermieterin, ihre Wohnung zu verkaufen und vereinbarte mit ihren Mietern einen Besichtigungstermin, bei dem sie Fotos der Wohnung anfertigte, die auch private Einrichtungsgegenstände der Mieter zeigten und veröffentlichte die Fotos im Rahmen einer Verkaufsanzeige im Internet. Die Mieter verlangten Entfernung der Fotos aus dem Internet und je 2.500 € Schadensersatz wegen Verletzung ihrer Persönlichkeits-rechte sowie Ersatz für vorgerichtliche Anwaltskosten. Die Klage hatte nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Die Vermieterin hat zwar gegen Art. 6 Abs. 1 DSGVO verstoßen, weil die Veröffentlichung der Fotos ohne Einwilligung der Mieter erfolgte. Dadurch ist den Mietern ein ideeller Schaden entstanden, den das Gericht allerdings auf lediglich 100 € schätzte. Allein ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht ausreichend, um einen Anspruch auf Schadensersatz zu begründen. Dazu müsste ein zusätzlicher konkreter Schaden entstanden sein. Ein solcher Schaden kann auch in einem – wenn auch nur vorübergehendem - Kontrollverlust über persönliche Daten liegen, ohne dass es zusätzlicher negativer Auswirkungen bedarf.
Im vorliegenden Fall lag der immaterielle Schaden darin, dass die Mieter durch die Veröffentlichung der Fotos ohne ihre Zustimmung die Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten zumindest kurzzeitig verloren haben. Weitere Auswirkungen darüber hinaus waren nicht erkennbar. Daher hielt das Gericht eine Entschädigung von je 100 € für angemessen, aber auch ausreichend.
Zwar waren die Bilder im Internet zugänglich, konnten jedoch nur von einem begrenzten Personenkreis als Aufnahmen der Wohnung der Mieter erkannt werden. Ein Anspruch auf Schadensersatz gem. § 823 Abs. 1 BGB (unerlaubte Handlung) besteht nicht, da die Schwelle für eine Persönlichkeitsverletzung, die eine Entschädigung rechtfertigen würde, nicht erreicht wurde. Ob ein solcher schwerwiegender Eingriff vorliegt, muss immer im Einzelfall entschieden werden. Vorliegend hat das Gericht keinen ausreichenden Anlass hierfür gesehen (LG Stuttgart, Urteil v. 24.03.2025, 4 S 159/24, GE 2025, S. 590).
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